Schlaflos

Zabihullahs Geschichte

Situationen, in denen mein Herz schwarz wurde

Die Geschichte von Zabihullah beginnt vor vielen Jahren in Afghanistan. Sie ist gekennzeichnet von seinen Erfahrungen, die ihn dazu zwangen, seine Heimat zu verlassen und die Flucht nach Europa zu wagen. 

Nachdem er mehrmals sowohl von griechischen als auch bulgarischen Beamt*innen durch Pushbacks zurück in die Türkei gedrängt wurde, traf er unser Josoorteam in Istanbul. Er wurde ein guter Freund, den besonders seine Wärme und Hilfsbereitschaft auszeichnen. In diesem Blogbeitrag erzählt er seine Geschichte, die in Afghanistan ihren Anfang nimmt.


"Warum bin ich aus Afghanistan gekommen und wie bin ich aus Afghanistan gekommen?

Unsere Familie in Afghanistan lebte in großer Gefahr, denn meine beiden Brüder arbeiteten für die amerikanische Armee auf dem Stützpunkt in Kunar. Die Taliban bedrohten unsere Familie immer wieder und sagten: "Ihr seid Sklaven und euer Tod kommt zu uns". Die Drohungen nahmen von Tag zu Tag zu. Eines Tages verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, dass mein Bruder tot sei, getötet von den Taliban. Das war der schwerste Tag in meinem Leben. Schließlich fanden wir heraus, dass er noch lebte, aber in einem sehr schlechten Zustand war. Gott sei Dank ging auch dieser Tag vorüber. Schließlich gab es keine andere Möglichkeit, sein Leben zu retten, als in die Türkei zu fliehen. Wir liehen uns Geld und mein Bruder verlies Afghanistan. Er kam in der Türkei an und arbeitete dort 2 Jahre lang.

Eines Tages, als ich von der Schule nach Hause kam, sah ich alle unsere Verwandten verzweifelt vor unserem Haus stehen. Ich fragte: "Was ist los? Was ist passiert?"

Alles, was sie sagten, war, dass Zia-ul-Haq zum Märtyrer geworden war. Mein anderer Bruder war getötet worden. Ich weiß nicht mehr, was danach geschah, ich war einfach völlig verloren und schockiert.

Eines Tages kamen die Taliban und warfen Bomben auf unser Haus. Eine meiner Schwestern wurde schwer verletzt und lag im Krankenhaus im Koma. Die Drohungen und die Gefahr wurden zu viel. Ich wollte das Haus nicht mehr verlassen. Ich hatte zu viel Angst vor den nächsten Gewalttaten der Taliban.

Ich war so sehr in Alarmbereitschaft und versessen darauf alles zu überwachen, dass ich sogar weinte und schrie, als sich eine Schulfreundin in mich verliebt hatte. Jeden Tag fragten wir uns, was wohl als Nächstes passieren würde. Schließlich beschloss meine Familie, dass auch ich Afghanistan verlassen musste. Wir hatten eine Kuh im Haus, die wir verkauften, und liehen uns unter großen Schwierigkeiten etwas Geld von unseren Onkeln. Aber schließlich gelang es meiner Familie, das Geld aufzutreiben, das mir die Ausreise ermöglichte. Zuerst ging ich nach Pakistan, dann in den Iran. Zwischen Iran und Pakistan gibt es einen Berg, der Muskil heißt. Als wir versuchten, die Grenze zu überqueren, stürzten drei meiner Freunde von der Klippe, und drei Kinder aus unserer Gruppe starben. Sie alle verloren ihr Leben weit weg von ihren Familien - ihre Familien konnten nicht einmal ihre Leichen zu Gesicht bekommen.

Schließlich gelang es mir, in die Türkei zu kommen. Als ich in der Türkei ankam, wurde ich von der Polizei verhaftet und schwer verprügelt und in den Iran zurückgeschickt. Wir mussten es erneut versuchen, und schließlich hatten wir Erfolg bei diesem Spiel. Wir erreichten die Stadt Van nach drei Nächten Fußmarsch und drei weiteren Nächten in Tatwan. Es gab kein Wasser, kein Essen ... Nach 4 Tagen riefen wir wieder die Schmuggler an. Sie gaben uns die Adresse eines anderen Ortes, wo sie uns abholten und nach Istanbul fuhren. Als ich in Istanbul ankam, hatte ich hier weder Freund*innen noch Verwandte. Ich verbrachte fünf Nächte in den Parks, ohne eine Rupie für Essen, ich war in einer sehr schwierigen Situation. Schließlich fand ich eine afghanische Frau und erzählte ihr meine ganze Geschichte. Sie erlaubte mir, mit zu ihr zu kommen, ich verbrachte drei Nächte bei ihr und sie half mir, eine Arbeit zu finden. Ich arbeitete in einer Fabrik, aber nach 20 Tagen gab es dort keine Arbeit mehr.


Nach einiger Zeit sprach ich mit meiner Familie und sagte ihnen, dass ich hier nichts tun kann. Ich erklärte ihnen meine Situation hier in der Türkei und wir beschlossen gemeinsam, dass ich auf jeden Fall versuchen sollte, in ein anderes Land zu gelangen, wo ich eine Zukunftsperspektive finden könnte. Ich ging zum ersten "Spiel" an der griechischen Grenze (Anm. d. Red. Der Grenzübertritt nach Europa wird oft als "Game" bezeichnet, da es reines Glück ist, ob jemand Europa erreichen kann - oder zurückgedrängt oder getötet wird). Wir blieben vier Tage in Griechenland, dann fuhren wir nach Bulgarien. Die bulgarische Polizei verhaftete mich, schlug mich und schickte mich zurück nach Griechenland. Auch hier verhaftete uns die griechische Polizei. Sie zwangen uns, den Fluss zurück in die Türkei zu überqueren, ein Mensch ertrank in dem eisigen Wasser. Eine Nacht und einen Tag lang liefen wir zu Fuß, um das nächste Dorf zu erreichen. Wir hatten keine Kleidung, keine Schuhe und kleine Kinder bei uns. Wir liefen nackt zum Dorf. Es war sehr kalt.


Bis jetzt bin ich viermal nach Griechenland und dreimal nach Bulgarien gereist.

Vor zwei Monaten waren wir auf dem Weg nach Bulgarien, und der Schmuggler sagte uns, wir sollten etwas zu essen mitnehmen. Das Wetter war sehr kalt. Wir bewegten uns auf der ausgewählten Route und erreichten die Stelle, an der uns ein Auto abholen sollte. Dort mussten wir fünf Tage warten. Nach zwei Tagen ging uns das Essen aus. Stell dir eine Gruppe junger Männer, Jungen und Kinder vor, die drei Tage lang ohne Essen und bei starkem, kaltem Regen unterwegs waren. Wir waren alle völlig durchnässt. Ich habe meinen Mantel einem kleinen Kind gegeben, weil es zu kalt war. Wir riefen den Schmuggler an und sagten ihm, dass wir nichts zu essen hätten und Hilfe bräuchten. Das Wetter war kalt. Für den Rest des Tages regnete es. Wir waren hoffnungslos verzweifelt. Wir riefen den Schmuggler immer wieder an, und er sagte, dass das Auto auf dem Weg sei und eine Stunde später ankommen würde. Der Regen wurde stärker und das Weinen der Kinder ging in ein ständiges Wimmern über. Wir legten Plastiktüten auf den Boden, um das Wasser aufzufangen, damit wir wenigstens etwas zu trinken hatten. Als wir am Morgen aufwachten, waren keine Kinderstimmen zu hören. Ich ging zu den Kindern hinüber, um nach ihnen zu sehen. Sie antworteten nicht, ich entfernte die Plastiktüten, die wir benutzt hatten, um sie ein wenig vor dem Regen zu schützen. Alle drei waren tot. Wir riefen den Schmuggler an und sagten ihm, dass wir drei Menschen verloren hätten. Er teilte uns mit, dass er uns nicht abholen könne, sagte uns nur, wie wir unseren Weg fortsetzen könnten. In der nächsten Nacht zogen wir weiter.

Etwa 10 Tage später kam ein Hirte in den Wald und wir baten ihn, die Polizei rufen, in der Hoffnung auf Hilfe. Zwei Stunden später kam die Polizei und nahm uns fest. Sie nahmen uns unsere Schuhe und Kleidung ab, warfen uns auf den Boden und schlugen uns. Dann wurden wir in ein großes Auto gezwungen und zurück zur Grenze gebracht. Einige erlitten Kopfverletzungen, andere gebrochene Beine oder Arme. Bevor wir in die Türkei gebracht wurden, lagen alle Jungen auf dem Boden. Wir mussten zwei Nächte und zwei Tage laufen, bis wir schließlich ein türkisches Dorf fanden. Wir liefen alle nackt ins Dorf. Wir gingen zur türkischen Polizei. Sie brachten uns erst zum Arzt und dann in ein Lager, in dem wir fünf Tage verbrachten. Nachdem ich freigelassen wurde, kam ich zurück nach Istanbul ... 

Die Erlebnisse im Grenzgebiet haben mein Herz schwarz werden lassen."


Vor kurzem hat unser Team in Istanbul die Nachricht bekommen, dass Zabihullah mittlerweile in Serbien ist. Wir wünschen ihm, dass er einen Weg findet um endlich einen Ort zu erreichen, wo er sich sicher fühlen kann und sein Leben neu aufbauen kann.

Die Geschichte von Zabihullah beginnt vor vielen Jahren in Afghanistan. Sie ist gekennzeichnet von seinen Erfahrungen, die ihn dazu zwangen, seine Heimat zu verlassen und die Flucht nach Europa zu wagen. 

Nachdem er mehrmals sowohl von griechischen als auch bulgarischen Beamt*innen durch Pushbacks zurück in die Türkei gedrängt wurde, traf er unser Josoorteam in Istanbul. Er wurde ein guter Freund, den besonders seine Wärme und Hilfsbereitschaft auszeichnen. In diesem Blogbeitrag erzählt er seine Geschichte, die in Afghanistan ihren Anfang nimmt.


"Warum bin ich aus Afghanistan gekommen und wie bin ich aus Afghanistan gekommen?

Unsere Familie in Afghanistan lebte in großer Gefahr, denn meine beiden Brüder arbeiteten für die amerikanische Armee auf dem Stützpunkt in Kunar. Die Taliban bedrohten unsere Familie immer wieder und sagten: "Ihr seid Sklaven und euer Tod kommt zu uns". Die Drohungen nahmen von Tag zu Tag zu. Eines Tages verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, dass mein Bruder tot sei, getötet von den Taliban. Das war der schwerste Tag in meinem Leben. Schließlich fanden wir heraus, dass er noch lebte, aber in einem sehr schlechten Zustand war. Gott sei Dank ging auch dieser Tag vorüber. Schließlich gab es keine andere Möglichkeit, sein Leben zu retten, als in die Türkei zu fliehen. Wir liehen uns Geld und mein Bruder verlies Afghanistan. Er kam in der Türkei an und arbeitete dort 2 Jahre lang.

Eines Tages, als ich von der Schule nach Hause kam, sah ich alle unsere Verwandten verzweifelt vor unserem Haus stehen. Ich fragte: "Was ist los? Was ist passiert?"

Alles, was sie sagten, war, dass Zia-ul-Haq zum Märtyrer geworden war. Mein anderer Bruder war getötet worden. Ich weiß nicht mehr, was danach geschah, ich war einfach völlig verloren und schockiert.

Eines Tages kamen die Taliban und warfen Bomben auf unser Haus. Eine meiner Schwestern wurde schwer verletzt und lag im Krankenhaus im Koma. Die Drohungen und die Gefahr wurden zu viel. Ich wollte das Haus nicht mehr verlassen. Ich hatte zu viel Angst vor den nächsten Gewalttaten der Taliban.

Ich war so sehr in Alarmbereitschaft und versessen darauf alles zu überwachen, dass ich sogar weinte und schrie, als sich eine Schulfreundin in mich verliebt hatte. Jeden Tag fragten wir uns, was wohl als Nächstes passieren würde. Schließlich beschloss meine Familie, dass auch ich Afghanistan verlassen musste. Wir hatten eine Kuh im Haus, die wir verkauften, und liehen uns unter großen Schwierigkeiten etwas Geld von unseren Onkeln. Aber schließlich gelang es meiner Familie, das Geld aufzutreiben, das mir die Ausreise ermöglichte. Zuerst ging ich nach Pakistan, dann in den Iran. Zwischen Iran und Pakistan gibt es einen Berg, der Muskil heißt. Als wir versuchten, die Grenze zu überqueren, stürzten drei meiner Freunde von der Klippe, und drei Kinder aus unserer Gruppe starben. Sie alle verloren ihr Leben weit weg von ihren Familien - ihre Familien konnten nicht einmal ihre Leichen zu Gesicht bekommen.

Schließlich gelang es mir, in die Türkei zu kommen. Als ich in der Türkei ankam, wurde ich von der Polizei verhaftet und schwer verprügelt und in den Iran zurückgeschickt. Wir mussten es erneut versuchen, und schließlich hatten wir Erfolg bei diesem Spiel. Wir erreichten die Stadt Van nach drei Nächten Fußmarsch und drei weiteren Nächten in Tatwan. Es gab kein Wasser, kein Essen ... Nach 4 Tagen riefen wir wieder die Schmuggler an. Sie gaben uns die Adresse eines anderen Ortes, wo sie uns abholten und nach Istanbul fuhren. Als ich in Istanbul ankam, hatte ich hier weder Freund*innen noch Verwandte. Ich verbrachte fünf Nächte in den Parks, ohne eine Rupie für Essen, ich war in einer sehr schwierigen Situation. Schließlich fand ich eine afghanische Frau und erzählte ihr meine ganze Geschichte. Sie erlaubte mir, mit zu ihr zu kommen, ich verbrachte drei Nächte bei ihr und sie half mir, eine Arbeit zu finden. Ich arbeitete in einer Fabrik, aber nach 20 Tagen gab es dort keine Arbeit mehr.


Nach einiger Zeit sprach ich mit meiner Familie und sagte ihnen, dass ich hier nichts tun kann. Ich erklärte ihnen meine Situation hier in der Türkei und wir beschlossen gemeinsam, dass ich auf jeden Fall versuchen sollte, in ein anderes Land zu gelangen, wo ich eine Zukunftsperspektive finden könnte. Ich ging zum ersten "Spiel" an der griechischen Grenze (Anm. d. Red. Der Grenzübertritt nach Europa wird oft als "Game" bezeichnet, da es reines Glück ist, ob jemand Europa erreichen kann - oder zurückgedrängt oder getötet wird). Wir blieben vier Tage in Griechenland, dann fuhren wir nach Bulgarien. Die bulgarische Polizei verhaftete mich, schlug mich und schickte mich zurück nach Griechenland. Auch hier verhaftete uns die griechische Polizei. Sie zwangen uns, den Fluss zurück in die Türkei zu überqueren, ein Mensch ertrank in dem eisigen Wasser. Eine Nacht und einen Tag lang liefen wir zu Fuß, um das nächste Dorf zu erreichen. Wir hatten keine Kleidung, keine Schuhe und kleine Kinder bei uns. Wir liefen nackt zum Dorf. Es war sehr kalt.


Bis jetzt bin ich viermal nach Griechenland und dreimal nach Bulgarien gereist.

Vor zwei Monaten waren wir auf dem Weg nach Bulgarien, und der Schmuggler sagte uns, wir sollten etwas zu essen mitnehmen. Das Wetter war sehr kalt. Wir bewegten uns auf der ausgewählten Route und erreichten die Stelle, an der uns ein Auto abholen sollte. Dort mussten wir fünf Tage warten. Nach zwei Tagen ging uns das Essen aus. Stell dir eine Gruppe junger Männer, Jungen und Kinder vor, die drei Tage lang ohne Essen und bei starkem, kaltem Regen unterwegs waren. Wir waren alle völlig durchnässt. Ich habe meinen Mantel einem kleinen Kind gegeben, weil es zu kalt war. Wir riefen den Schmuggler an und sagten ihm, dass wir nichts zu essen hätten und Hilfe bräuchten. Das Wetter war kalt. Für den Rest des Tages regnete es. Wir waren hoffnungslos verzweifelt. Wir riefen den Schmuggler immer wieder an, und er sagte, dass das Auto auf dem Weg sei und eine Stunde später ankommen würde. Der Regen wurde stärker und das Weinen der Kinder ging in ein ständiges Wimmern über. Wir legten Plastiktüten auf den Boden, um das Wasser aufzufangen, damit wir wenigstens etwas zu trinken hatten. Als wir am Morgen aufwachten, waren keine Kinderstimmen zu hören. Ich ging zu den Kindern hinüber, um nach ihnen zu sehen. Sie antworteten nicht, ich entfernte die Plastiktüten, die wir benutzt hatten, um sie ein wenig vor dem Regen zu schützen. Alle drei waren tot. Wir riefen den Schmuggler an und sagten ihm, dass wir drei Menschen verloren hätten. Er teilte uns mit, dass er uns nicht abholen könne, sagte uns nur, wie wir unseren Weg fortsetzen könnten. In der nächsten Nacht zogen wir weiter.

Etwa 10 Tage später kam ein Hirte in den Wald und wir baten ihn, die Polizei rufen, in der Hoffnung auf Hilfe. Zwei Stunden später kam die Polizei und nahm uns fest. Sie nahmen uns unsere Schuhe und Kleidung ab, warfen uns auf den Boden und schlugen uns. Dann wurden wir in ein großes Auto gezwungen und zurück zur Grenze gebracht. Einige erlitten Kopfverletzungen, andere gebrochene Beine oder Arme. Bevor wir in die Türkei gebracht wurden, lagen alle Jungen auf dem Boden. Wir mussten zwei Nächte und zwei Tage laufen, bis wir schließlich ein türkisches Dorf fanden. Wir liefen alle nackt ins Dorf. Wir gingen zur türkischen Polizei. Sie brachten uns erst zum Arzt und dann in ein Lager, in dem wir fünf Tage verbrachten. Nachdem ich freigelassen wurde, kam ich zurück nach Istanbul ... 

Die Erlebnisse im Grenzgebiet haben mein Herz schwarz werden lassen."


Vor kurzem hat unser Team in Istanbul die Nachricht bekommen, dass Zabihullah mittlerweile in Serbien ist. Wir wünschen ihm, dass er einen Weg findet um endlich einen Ort zu erreichen, wo er sich sicher fühlen kann und sein Leben neu aufbauen kann.

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