Der Zusammenhang zwischen Such- und Rettungseinsätzen (SAR) und Migrationsbewegungen wurde in den letzten Jahren heftig diskutiert. Teilweise wird argumentiert, dass die Existenz von SAR-Einsätzen es Schmuggler*innen ermöglicht, Menschen auf der Flucht von der Sicherheit der Seeüberquerung zu überzeugen, und somit als sogenannter "Pull-Faktor" zu einer erhöhten Migration beiträgt. Obwohl es wichtig ist, die Auswirkungen der SAR-Bemühungen von NGOs zu berücksichtigen, basiert dieses Argument größtenteils auf Fehlinformationen und dem politisch motivierten Wunsch, die humanitäre Arbeit zu kriminalisieren. Im neunten Teil unserer Info-Serie werden wir die Rolle von SAR-Einsätzen im Gesamtbild der Migration beleuchten und erklären, warum humanitäre Bemühungen Menschen nicht zu gefährlichen Überfahrten ermutigen. Außerdem werden wir zeigen, warum NGOs für ihre lebensrettende Nothilfe eher angefeindet als gelobt werden.
Such- und Rettungseinsätze (Search and Rescue, SAR) lokalisieren Personen, die sich - zumeist auf See - in Not befinden und leisten ihnen Hilfe. Laut der Europäischen Kommission gelten die SAR-Verpflichtungen "unabhängig von der Nationalität oder dem Status einer solchen Person oder den Umständen, unter denen diese Person gefunden wird". Der Rettungsaspekt von SAR umfasst die Bergung von Personen aus Booten in Seenot, die Bereitstellung von medizinischer und anderer Hilfe und die Überführung in Sicherheit. Es ist wichtig zu beachten, dass staatliche Behörden SAR-Einsätze nicht als einen Akt des guten Willens durchführen. Sowohl das UN-Seerechtsabkommen als auch das Internationale Abkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See betonen, dass es die Pflicht der Staaten ist, SAR zu betreiben. Kapitän*innen aller Boote auf See sind verpflichtet, Menschen in Not zu helfen.
Die meisten NGO-geführten SAR-Einsätze gab es seit 2015 im Mittelmeer und in der Ägäis. Diese reagierten auf das Ende der staatlichen italienischen SAR-Operation "Mare Nostrum", die in ihrem aktiven Einsatzjahr mehr als 155.000 Menschen rettete. Mare Nostrum wurde 2014 durch die Frontex-Mission "Triton'' ersetzt, die den Schwerpunkt von SAR hin zu Grenzmanagement und -sicherheit verlagerte und mit fast einem Drittel des ursprünglichen Budgets arbeitete. Diese deutliche Verringerung der Kapazitäten für staatliche SAR-Operationen erfolgte zeitgleich zu einer steigenden Anzahl von Menschen, die aufgrund der sich verschärfenden Konflikte und der wirtschaftlichen Instabilität in Regionen des afrikanischen Kontinents und Südwestasiens die gefährliche Flucht über das Meer wählten. Viele SAR-NGOs wurden als Reaktion auf das extreme menschliche Leid auf diesen gefährlichen Routen gegründet und füllen weiterhin eine große Lücke in der Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten. Anstatt die humanitäre Arbeit anzuerkennen, die diese Organisationen an ihrer Stelle leisten, werden sie von Politiker*innen und staatlichen Akteur*innen bezichtigt, als "Pull-Faktor" für irreguläre Migration zu fungieren, Menschen zu gefährlichen Überfahrten zu "ermutigen" und mit Schmugglern und kriminellen Banden zu "konspirieren".
Die beiden zusammenfallenden Trends einer Erhöhung der Rettungskapazitäten und höheren Ankunftszahlen, haben die Debatte über SAR-Einsätze als "Pull-Faktor" ausgelöst. Die Erhöhung der Rettungskapazitäten konzentriert sich größtenteils auf die Operation Mare Nostrum, ein Projekt, das von Italien als Reaktion auf ein riesiges und verheerendes Schiffsunglück vor der Küste von Lampedusa im Jahr 2013 ins Leben gerufen wurde, bei dem über 350 Menschen ihr Leben verloren. Italien hielt auch ein Staatsbegräbnis ab und kündigte einen nationalen Trauertag für die Opfer an. Politische Führer*innen in der gesamten EU waren schockiert von dem Ereignis und nannten es eine "menschliche Tragödie".
Mit dem Ausbau der Rettungskapazitäten stiegen jedoch auch die Ankunftszahlen und einige Stimmen argumentierten, dass es einen Zusammenhang zwischen beiden Beobachtungen gäbe. Laut dem Oxford University Law Blog "führte die Gegenüberstellung von verstärkten Rettungsbemühungen und vermehrten Migrant*innenankünften schnell zu der Schlussfolgerung, dass das Eine zum Anderen führe". Als Regierungsbehörden ihren Fokus von der Rettung von Menschenleben auf das Grenzmanagement verlagerten, begannen NGOs, die entstandene Lücke mit ihren eigenen SAR-Operationen zu füllen. Im Jahr 2017 begann die neu gegründete EU-Agentur für Grenz- und Küstenwache Frontex, NGOs und ihre SAR-Einsätze zu beschuldigen, gefährliche Grenzübertritte zu begünstigen und mit Schmugglern zu "konspirieren"; dabei wurde wiederholt das "Pull-Faktor-Argument" gegen SAR verwendet.
Die Sprache dieses Arguments bleibt in der alltäglichen Art, wie wir heute über die Situation sprechen und lesen, präsent. Zum Beispiel beschreibt die Wikipedia-Seite der Mare Nostrum-Operation, dass die Mission Migrant*innen nach Europa "gebracht" habe, obwohl es sich um eine Rettungsmission handelte, die auf eine humanitäre Notlage im Mittelmeer reagierte.
Eingehende Untersuchungen und Datenanalysen zeigten, dass es keinen kausalen Zusammenhang gibt: SAR-Einsätze schaffen keinen Pull-Faktor für Überfahrten.
"Blaming the Rescuers", ein Bericht aus dem Jahr 2017 von der Abteilung für Forensische Ozeanographie an der Goldsmiths University of London, belegte:
"Die 2016 verzeichneten vermehrten Überfahrten waren nicht das Ergebnis des vermeintlichen "Pull-Faktors" durch SAR-NGOs, sondern eine Fortsetzung eines Trends, der bereits unabhängig von der Präsenz von SAR-NGOs begonnen hatte."
Der Bericht stellte auch fest, dass die Schiffsunglücke vom 12. und 18. April 2015, bei denen über 1.500 Menschen ihr Leben verloren, sogar ein "Ergebnis" der verringerten SAR-Einsätze im Mittelmeer waren, insbesondere das Ende der italienischen Mare-Nostrum-Operation im Jahr 2014. Der Präsident der Europäischen Kommission räumte im April 2015 ein, dass die Beendigung der Mare-Nostrum-Operation ein "schwerer Fehler" gewesen sei, der "Menschenleben gekostet" habe.
Abschließend stellte der Goldsmiths-Bericht fest, dass "tiefere regionale, wirtschaftliche und politische Dynamiken zu einer verstärkten Migration nach und aus Libyen vor dem Einsatz der SAR-NGOs führten." Mit anderen Worten: Es gab keinen Pull-Faktor, und die SAR-Einsätze ermutigen die Menschen nicht, das Mittelmeer zu überqueren - sie retteten schlicht und einfach Menschenleben.
Nichtstaatliche SAR-Mitarbeiter*innen wurden nicht nur zu Unrecht kritisiert - viele wurden für ihre Arbeit strafrechtlich belangt. Im Jahr 2019 wurde Carola Rackete, Kapitänin eines Rettungsschiffs, von den italienischen Behörden verhaftet, nachdem sie 42 Menschen aus Seenot gerettet und anschließend im Hafen von Lampedusa angelegt hatte. Pia Klemp, Kapitänin des Rettungsschiffs Iuventa, drohen 20 Jahre Gefängnis, nachdem sie von Italien wegen Beihilfe zur illegalen Migration angeklagt wurde. Sarah Mardini und Sean Binder, zwei Freiwillige, die sich bei der Rettungsarbeit auf der Insel Lesbos engagieren, verbrachten 2018 unter erfundenen Anschuldigungen über 100 Tage im griechischen Gefängnis und müssen mit bis zu 25 Jahren hinter Gittern rechnen. Diese Kriminalisierungskampagnen haben sich als weitgehend unbegründet und politisch motiviert erwiesen. Während viele der Angeklagten noch immer auf ihr Schicksal warten, hat Carola Rackete im Februar 2020 ihren Fall vor Italiens höchstem Gericht gewonnen: der Richter stellte fest, dass sie in "gerechtfertigter" Weise gehandelt und ihre Rettungspflicht erfüllt hat, und wies daher den Antrag auf Strafverfolgung zurück.
Neben strafrechtlichen Anklagen sieht sich die Mehrheit der NGO-SAR-Schiffe in ganz Europa mit übermäßigen Verwaltungsverfahren, "obligatorischen Wartungsarbeiten" und Schiffsbeschlagnahmungen konfrontiert. Diese Maßnahmen zeigen, dass die EU-Regierungen ihre Macht ausüben, um SAR-Schiffe aus einer Vielzahl von politisch motivierten Gründen absichtlich an ihrer lebensrettenden Arbeit zu hindern. Diese Karte zeigt eine Übersicht über die Einsätze, die im Zeitraum 2015 - 2020 blockiert wurden. Die von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte erstellte Karte veranschaulicht, dass von 15 Einsatzmitteln, darunter sowohl SAR-Schiffe als auch Flugzeuge, die zu Überwachungszwecken eingesetzt werden, nur zwei im Jahr 2020 einsatzbereit waren.
Covid-19 wurde ebenfalls als "Ausrede" für Regierungen benutzt, um NGO-SAR-Einsätze zu verhindern. Unter anderem forderte Deutschland letztes Jahr, dass NGOs ihre SAR-Aktivitäten aufgrund der Pandemie einstellen. Auch die maltesischen und italienischen Behörden führten die Pandemie als Rechtfertigung dafür an, dass ihre Küstenwache im vergangenen Jahr nicht auf Notrufe reagierte. Während Grenzkontrollen ein wesentlicher Bestandteil der globalen Pandemiebekämpfung waren, können sie keine Entschuldigung dafür sein, sich vor grundlegenden Menschenrechtsverpflichtungen zu drücken und Boote in Seenot im Stich zu lassen.
Humanitäre Helfer*innen, die sowohl auf dem Meer als auch an Land tätig sind, sehen sich einer zunehmend feindseligen Umgebung gegenüber, da die Kriminalisierungskampagnen in den letzten Jahren neben rechtsextremen Agenden und einwanderungsfeindlichen Stimmungen zugenommen haben. Von Griechenland über die USA bis hin in den Sudan sehen sich Helfer*innen und Aktivist*innen immer mehr Einschränkungen durch die Behörden ausgesetzt. Und das liegt nicht an Gesetzesänderungen, sondern an veränderten politischen Haltungen.
Hilfsarbeit ist politisch umstritten geworden, auch weil sie sich direkt gegen die zunehmend feindselige Politik vieler Regierungen weltweit richtet. Es ist auch politisch bequem geworden, Helfer*innen zu beschuldigen. Mittels dieser Strategie wird der Fokus von der Untätigkeit und Vernachlässigung der Behörden ablenkt und stattdessen suggeriert, dass nichtstaatliche Akteur*innen und kriminelle Gruppen an Tod und Leid an den Grenzen schuld sind.
2014 verringerten die EU und die Mitgliedsstaaten ihre SAR-Kapazitäten: Dies führte zu einem Anstieg der Todesfälle auf See. Obwohl Frontex erklärt, dass SAR ein obligatorischer Teil ihrer Operationen sei, gibt es zahlreiche Beweise dafür, dass sie mit der griechischen Küstenwache bei illegalen Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen von Menschen in Seenot zusammenarbeiten. Bei vielen dieser Einsätze wurden die Rettungsgeräte ironischerweise sogar für genau den gegenteiligen Zweck eingesetzt, indem die griechische Küstenwache schutzbedürftige Menschen illegal abdrängte, sie auf nicht-schiffbare Rettungsinseln zwang und sie auf dem Meer treiben ließ.
In Wirklichkeit sind die Zahlen der in der EU ankommenden Asylbewerber seit 2015/2016 nicht mehr auf enorm hohem Niveau. Und dennoch sind die Flüchtlingslager immer noch überfüllt, verwahrlost und von Gewalt geprägt. Die Obdachlosigkeit unter Flüchtlingen in Griechenland ist so gravierend, dass ein deutsches Gericht im April die Abschiebung von zwei syrischen Schwestern nach Griechenland wegen der potenziellen Gefahr für sie untersagte. Mehr als 2.000 Todesfälle von Menschen auf der Flucht wurden mit illegalen Rückschiebungen durch Mitgliedstaaten in Verbindung gebracht. Und das alles, obwohl Griechenland zwischen 2015 und 2020 rund 3 Milliarden Euro an EU-Geldern zur Bewältigung der Situation zur Verfügung gestellt wurden. Die Realität ist ein düsteres Bild von Vernachlässigung, bewusster Untätigkeit und gewaltsamer Unterdrückung seitens der EU und ihrer Mitgliedstaaten, die in einem systemischen Ausmaß stattfindet.
Tragischerweise hätten Tausende von Todesfällen im Mittelmeer und in der Ägäis vermieden werden können, wenn sowohl staatliche als auch nichtstaatliche SAR-Maßnahmen wirksam gewesen wären. Eine Untersuchung der Associated Press im April dieses Jahres ergab, dass Italien, Malta und Libyen zu langsam auf ein Schiffsunglück Anfang desselben Monats reagierten, bei dem vermutlich bis zu 130 Menschen ums Leben kamen. Obwohl die Menschen an Bord des sinkenden Bootes mehrere Notrufe an die Behörden absetzten, bezeugten NGOs, die mit ihnen in Kontakt standen, dass sie von den maltesischen Behörden “nie eine Antwort” erhielten. Italien reagierte erst vier Stunden später mit dem Vorschlag, die “zuständigen Behörden" zu kontaktieren. Libyen reagierte schließlich auf den Notrof und schickte nach fünf Stunden der Funkstille ein Schiff. Laut SOS Méditerranée, deren Schiff Ocean Viking am nächsten Tag vor Ort war, "entziehen sich die Staaten ihrer Verantwortung, die Such- und Rettungsaktionen zu koordinieren", was in "absichtlicher Untätigkeit" gipfelte.
SAR-Einsätze als "Pull-Faktor" zu bezeichnen, ist letztlich sachlich ungenau und basiert auf substanzlosen Beweisen. Das Argument des "Pull-Faktors" verfehlt auch den Rahmen der Debatte. Es ignoriert völlig die Realität der heutigen Migration, in der die meisten Menschen, die unterwegs sind, durch Push-Faktoren und nicht durch vermeintliche Pull-Faktoren zur Migration und Flucht motiviert werden. Der Begriff "Push-Faktoren" umfasst alle möglichen Gründe und Kontexte im Herkunftsland, die eine Person dazu veranlassen können, ihre Heimat zu verlassen. Push-Faktoren können Verfolgung, bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen oder extreme Armut sein. Migrationsbewegungen sind ein natürliches Phänomen, aber sie nehmen zu, wenn extreme Umstände auftreten, die das Leben einer Person unerträglich machen. Obwohl Pull-Faktoren möglicherweise die Richtung von Migrationsbewegungen ändern können, gibt es keinen Beweis dafür, dass sie überhaupt ein Grund für Migration sind.
Der Diskurs über Pull-Faktoren verschiebt außerdem den Fokus weg von den humanitären Krisen, die Migrationsbewegungen verursachen, hin zu einer imaginären "Migrationskrise". In unserem letzten Blog zur Info-Serie haben wir uns damit befasst, dass die "Migrationskrise" ein irreführendes Label ist, das bequem von der realen humanitären Krise und der Krise der Politik an den EU-Grenzen ablenkt. Das Etikett "Migrationskrise" hat dazu beigetragen, die Situation fälschlicherweise als "Invasion" illegaler Einwanderer darzustellen, die Westeuropa überwältigen wollen - unterstützt und begünstigt von linksextremen Hilfs- und Rettungsorganisationen und ihren offensichtlichen Verbindungen zu Schmugglerringen.
Seit Beginn dieses Jahres wurden 685 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer tot gemeldet. Jeden Tag sterben fast fünf Menschen, weil die europäischen Regierungen ihren Such- und Rettungspflichten nicht nachkommen. Die Zahlen sind vermutlich auch noch höher, weil viele Todesfälle nicht gemeldet werden. Die Diskussion über Seenotrettung als Pull-Faktor hat dazu geführt, dass diese mit einwanderungsfreundlichem, sozialliberalem Aktivismus und linken Agenden in Verbindung gebracht wird, anstatt als die notwendige humanitäre Arbeit betrachtet zu werden, die sie ist und zu deren Durchführung die Regierungen gesetzlich verpflichtet sind. Während zivilgesellschaftliche Akteur*innen dafür gelobt werden sollten, dass sie die Lücke der Vernachlässigung und Untätigkeit staatlicher Akteur*innen füllen, haben NGOs weder die Kapazität noch die langfristige Stabilität, um SAR-Einsätze dauerhaft durchzuführen. Sie sind auch nicht in der Lage, ihre lebensrettende Arbeit zu leisten, wenn sie weiterhin für ihre Arbeit kriminalisiert oder absichtlich in bürokratischen Prozessen behindert werden.
Unabhängig von unseren politischen Überzeugungen sollten wir uns alle darin einig sein, dass Menschen in Not - Menschen, die vor Krieg, Verfolgung, Klimakatastrophen und extremer Armut fliehen - geschützt und gerettet werden müssen, wenn sie in Seenot geraten. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass alle Menschen, unabhängig davon, wer sie sind, aus lebensbedrohlichen Zuständen auf See gerettet werden sollten. Dies ist ein Grundprinzip humanitären Handelns - jede Diskussion über SAR als vermeintlicher "Pull-Faktor" muss dem untergeordnet sein. Wir haben bei den bisherigen Bemühungen zur Förderung von SAR gesehen, dass der Verlust von Menschenleben vermeidbar ist - und auch sein sollte. Das Mittelmeer wurde von den Vereinten Nationen als "Meer des Blutes" bezeichnet und wird auch oft als “Friedhof des Mittelmeers” beschrieben. Doch die Zahl der Toten ist nicht unvermeidbar. Wie das UN-Flüchtlingshilfswerk und die Internationale Organisation für Migration kürzlich in einer Pressemitteilung schreiben:
"UNHCR und IOM wiederholen ihren Aufruf an die internationale Gemeinschaft, dringende Schritte zu unternehmen, um den vermeidbaren Verlust von Menschenleben auf See zu beenden. Dazu gehören die Reaktivierung von Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer, eine verbesserte Koordination mit allen Rettungsakteuren, die Beendigung von Rückführungen in unsichere Häfen und die Einrichtung eines sicheren und berechenbaren Ausschiffungsmechanismus."
NGO Schiffe mit SAR-Missionen im Mittelmeer und rechtliches Vorgehen gegen sie (Dezember 20202)
Warum NGOs ihre Such- und Rettungseinsätze eingestellt haben
Der Zusammenhang zwischen Such- und Rettungseinsätzen (SAR) und Migrationsbewegungen wurde in den letzten Jahren heftig diskutiert. Teilweise wird argumentiert, dass die Existenz von SAR-Einsätzen es Schmuggler*innen ermöglicht, Menschen auf der Flucht von der Sicherheit der Seeüberquerung zu überzeugen, und somit als sogenannter "Pull-Faktor" zu einer erhöhten Migration beiträgt. Obwohl es wichtig ist, die Auswirkungen der SAR-Bemühungen von NGOs zu berücksichtigen, basiert dieses Argument größtenteils auf Fehlinformationen und dem politisch motivierten Wunsch, die humanitäre Arbeit zu kriminalisieren. Im neunten Teil unserer Info-Serie werden wir die Rolle von SAR-Einsätzen im Gesamtbild der Migration beleuchten und erklären, warum humanitäre Bemühungen Menschen nicht zu gefährlichen Überfahrten ermutigen. Außerdem werden wir zeigen, warum NGOs für ihre lebensrettende Nothilfe eher angefeindet als gelobt werden.
Such- und Rettungseinsätze (Search and Rescue, SAR) lokalisieren Personen, die sich - zumeist auf See - in Not befinden und leisten ihnen Hilfe. Laut der Europäischen Kommission gelten die SAR-Verpflichtungen "unabhängig von der Nationalität oder dem Status einer solchen Person oder den Umständen, unter denen diese Person gefunden wird". Der Rettungsaspekt von SAR umfasst die Bergung von Personen aus Booten in Seenot, die Bereitstellung von medizinischer und anderer Hilfe und die Überführung in Sicherheit. Es ist wichtig zu beachten, dass staatliche Behörden SAR-Einsätze nicht als einen Akt des guten Willens durchführen. Sowohl das UN-Seerechtsabkommen als auch das Internationale Abkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See betonen, dass es die Pflicht der Staaten ist, SAR zu betreiben. Kapitän*innen aller Boote auf See sind verpflichtet, Menschen in Not zu helfen.
Die meisten NGO-geführten SAR-Einsätze gab es seit 2015 im Mittelmeer und in der Ägäis. Diese reagierten auf das Ende der staatlichen italienischen SAR-Operation "Mare Nostrum", die in ihrem aktiven Einsatzjahr mehr als 155.000 Menschen rettete. Mare Nostrum wurde 2014 durch die Frontex-Mission "Triton'' ersetzt, die den Schwerpunkt von SAR hin zu Grenzmanagement und -sicherheit verlagerte und mit fast einem Drittel des ursprünglichen Budgets arbeitete. Diese deutliche Verringerung der Kapazitäten für staatliche SAR-Operationen erfolgte zeitgleich zu einer steigenden Anzahl von Menschen, die aufgrund der sich verschärfenden Konflikte und der wirtschaftlichen Instabilität in Regionen des afrikanischen Kontinents und Südwestasiens die gefährliche Flucht über das Meer wählten. Viele SAR-NGOs wurden als Reaktion auf das extreme menschliche Leid auf diesen gefährlichen Routen gegründet und füllen weiterhin eine große Lücke in der Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten. Anstatt die humanitäre Arbeit anzuerkennen, die diese Organisationen an ihrer Stelle leisten, werden sie von Politiker*innen und staatlichen Akteur*innen bezichtigt, als "Pull-Faktor" für irreguläre Migration zu fungieren, Menschen zu gefährlichen Überfahrten zu "ermutigen" und mit Schmugglern und kriminellen Banden zu "konspirieren".
Die beiden zusammenfallenden Trends einer Erhöhung der Rettungskapazitäten und höheren Ankunftszahlen, haben die Debatte über SAR-Einsätze als "Pull-Faktor" ausgelöst. Die Erhöhung der Rettungskapazitäten konzentriert sich größtenteils auf die Operation Mare Nostrum, ein Projekt, das von Italien als Reaktion auf ein riesiges und verheerendes Schiffsunglück vor der Küste von Lampedusa im Jahr 2013 ins Leben gerufen wurde, bei dem über 350 Menschen ihr Leben verloren. Italien hielt auch ein Staatsbegräbnis ab und kündigte einen nationalen Trauertag für die Opfer an. Politische Führer*innen in der gesamten EU waren schockiert von dem Ereignis und nannten es eine "menschliche Tragödie".
Mit dem Ausbau der Rettungskapazitäten stiegen jedoch auch die Ankunftszahlen und einige Stimmen argumentierten, dass es einen Zusammenhang zwischen beiden Beobachtungen gäbe. Laut dem Oxford University Law Blog "führte die Gegenüberstellung von verstärkten Rettungsbemühungen und vermehrten Migrant*innenankünften schnell zu der Schlussfolgerung, dass das Eine zum Anderen führe". Als Regierungsbehörden ihren Fokus von der Rettung von Menschenleben auf das Grenzmanagement verlagerten, begannen NGOs, die entstandene Lücke mit ihren eigenen SAR-Operationen zu füllen. Im Jahr 2017 begann die neu gegründete EU-Agentur für Grenz- und Küstenwache Frontex, NGOs und ihre SAR-Einsätze zu beschuldigen, gefährliche Grenzübertritte zu begünstigen und mit Schmugglern zu "konspirieren"; dabei wurde wiederholt das "Pull-Faktor-Argument" gegen SAR verwendet.
Die Sprache dieses Arguments bleibt in der alltäglichen Art, wie wir heute über die Situation sprechen und lesen, präsent. Zum Beispiel beschreibt die Wikipedia-Seite der Mare Nostrum-Operation, dass die Mission Migrant*innen nach Europa "gebracht" habe, obwohl es sich um eine Rettungsmission handelte, die auf eine humanitäre Notlage im Mittelmeer reagierte.
Eingehende Untersuchungen und Datenanalysen zeigten, dass es keinen kausalen Zusammenhang gibt: SAR-Einsätze schaffen keinen Pull-Faktor für Überfahrten.
"Blaming the Rescuers", ein Bericht aus dem Jahr 2017 von der Abteilung für Forensische Ozeanographie an der Goldsmiths University of London, belegte:
"Die 2016 verzeichneten vermehrten Überfahrten waren nicht das Ergebnis des vermeintlichen "Pull-Faktors" durch SAR-NGOs, sondern eine Fortsetzung eines Trends, der bereits unabhängig von der Präsenz von SAR-NGOs begonnen hatte."
Der Bericht stellte auch fest, dass die Schiffsunglücke vom 12. und 18. April 2015, bei denen über 1.500 Menschen ihr Leben verloren, sogar ein "Ergebnis" der verringerten SAR-Einsätze im Mittelmeer waren, insbesondere das Ende der italienischen Mare-Nostrum-Operation im Jahr 2014. Der Präsident der Europäischen Kommission räumte im April 2015 ein, dass die Beendigung der Mare-Nostrum-Operation ein "schwerer Fehler" gewesen sei, der "Menschenleben gekostet" habe.
Abschließend stellte der Goldsmiths-Bericht fest, dass "tiefere regionale, wirtschaftliche und politische Dynamiken zu einer verstärkten Migration nach und aus Libyen vor dem Einsatz der SAR-NGOs führten." Mit anderen Worten: Es gab keinen Pull-Faktor, und die SAR-Einsätze ermutigen die Menschen nicht, das Mittelmeer zu überqueren - sie retteten schlicht und einfach Menschenleben.
Nichtstaatliche SAR-Mitarbeiter*innen wurden nicht nur zu Unrecht kritisiert - viele wurden für ihre Arbeit strafrechtlich belangt. Im Jahr 2019 wurde Carola Rackete, Kapitänin eines Rettungsschiffs, von den italienischen Behörden verhaftet, nachdem sie 42 Menschen aus Seenot gerettet und anschließend im Hafen von Lampedusa angelegt hatte. Pia Klemp, Kapitänin des Rettungsschiffs Iuventa, drohen 20 Jahre Gefängnis, nachdem sie von Italien wegen Beihilfe zur illegalen Migration angeklagt wurde. Sarah Mardini und Sean Binder, zwei Freiwillige, die sich bei der Rettungsarbeit auf der Insel Lesbos engagieren, verbrachten 2018 unter erfundenen Anschuldigungen über 100 Tage im griechischen Gefängnis und müssen mit bis zu 25 Jahren hinter Gittern rechnen. Diese Kriminalisierungskampagnen haben sich als weitgehend unbegründet und politisch motiviert erwiesen. Während viele der Angeklagten noch immer auf ihr Schicksal warten, hat Carola Rackete im Februar 2020 ihren Fall vor Italiens höchstem Gericht gewonnen: der Richter stellte fest, dass sie in "gerechtfertigter" Weise gehandelt und ihre Rettungspflicht erfüllt hat, und wies daher den Antrag auf Strafverfolgung zurück.
Neben strafrechtlichen Anklagen sieht sich die Mehrheit der NGO-SAR-Schiffe in ganz Europa mit übermäßigen Verwaltungsverfahren, "obligatorischen Wartungsarbeiten" und Schiffsbeschlagnahmungen konfrontiert. Diese Maßnahmen zeigen, dass die EU-Regierungen ihre Macht ausüben, um SAR-Schiffe aus einer Vielzahl von politisch motivierten Gründen absichtlich an ihrer lebensrettenden Arbeit zu hindern. Diese Karte zeigt eine Übersicht über die Einsätze, die im Zeitraum 2015 - 2020 blockiert wurden. Die von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte erstellte Karte veranschaulicht, dass von 15 Einsatzmitteln, darunter sowohl SAR-Schiffe als auch Flugzeuge, die zu Überwachungszwecken eingesetzt werden, nur zwei im Jahr 2020 einsatzbereit waren.
Covid-19 wurde ebenfalls als "Ausrede" für Regierungen benutzt, um NGO-SAR-Einsätze zu verhindern. Unter anderem forderte Deutschland letztes Jahr, dass NGOs ihre SAR-Aktivitäten aufgrund der Pandemie einstellen. Auch die maltesischen und italienischen Behörden führten die Pandemie als Rechtfertigung dafür an, dass ihre Küstenwache im vergangenen Jahr nicht auf Notrufe reagierte. Während Grenzkontrollen ein wesentlicher Bestandteil der globalen Pandemiebekämpfung waren, können sie keine Entschuldigung dafür sein, sich vor grundlegenden Menschenrechtsverpflichtungen zu drücken und Boote in Seenot im Stich zu lassen.
Humanitäre Helfer*innen, die sowohl auf dem Meer als auch an Land tätig sind, sehen sich einer zunehmend feindseligen Umgebung gegenüber, da die Kriminalisierungskampagnen in den letzten Jahren neben rechtsextremen Agenden und einwanderungsfeindlichen Stimmungen zugenommen haben. Von Griechenland über die USA bis hin in den Sudan sehen sich Helfer*innen und Aktivist*innen immer mehr Einschränkungen durch die Behörden ausgesetzt. Und das liegt nicht an Gesetzesänderungen, sondern an veränderten politischen Haltungen.
Hilfsarbeit ist politisch umstritten geworden, auch weil sie sich direkt gegen die zunehmend feindselige Politik vieler Regierungen weltweit richtet. Es ist auch politisch bequem geworden, Helfer*innen zu beschuldigen. Mittels dieser Strategie wird der Fokus von der Untätigkeit und Vernachlässigung der Behörden ablenkt und stattdessen suggeriert, dass nichtstaatliche Akteur*innen und kriminelle Gruppen an Tod und Leid an den Grenzen schuld sind.
2014 verringerten die EU und die Mitgliedsstaaten ihre SAR-Kapazitäten: Dies führte zu einem Anstieg der Todesfälle auf See. Obwohl Frontex erklärt, dass SAR ein obligatorischer Teil ihrer Operationen sei, gibt es zahlreiche Beweise dafür, dass sie mit der griechischen Küstenwache bei illegalen Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen von Menschen in Seenot zusammenarbeiten. Bei vielen dieser Einsätze wurden die Rettungsgeräte ironischerweise sogar für genau den gegenteiligen Zweck eingesetzt, indem die griechische Küstenwache schutzbedürftige Menschen illegal abdrängte, sie auf nicht-schiffbare Rettungsinseln zwang und sie auf dem Meer treiben ließ.
In Wirklichkeit sind die Zahlen der in der EU ankommenden Asylbewerber seit 2015/2016 nicht mehr auf enorm hohem Niveau. Und dennoch sind die Flüchtlingslager immer noch überfüllt, verwahrlost und von Gewalt geprägt. Die Obdachlosigkeit unter Flüchtlingen in Griechenland ist so gravierend, dass ein deutsches Gericht im April die Abschiebung von zwei syrischen Schwestern nach Griechenland wegen der potenziellen Gefahr für sie untersagte. Mehr als 2.000 Todesfälle von Menschen auf der Flucht wurden mit illegalen Rückschiebungen durch Mitgliedstaaten in Verbindung gebracht. Und das alles, obwohl Griechenland zwischen 2015 und 2020 rund 3 Milliarden Euro an EU-Geldern zur Bewältigung der Situation zur Verfügung gestellt wurden. Die Realität ist ein düsteres Bild von Vernachlässigung, bewusster Untätigkeit und gewaltsamer Unterdrückung seitens der EU und ihrer Mitgliedstaaten, die in einem systemischen Ausmaß stattfindet.
Tragischerweise hätten Tausende von Todesfällen im Mittelmeer und in der Ägäis vermieden werden können, wenn sowohl staatliche als auch nichtstaatliche SAR-Maßnahmen wirksam gewesen wären. Eine Untersuchung der Associated Press im April dieses Jahres ergab, dass Italien, Malta und Libyen zu langsam auf ein Schiffsunglück Anfang desselben Monats reagierten, bei dem vermutlich bis zu 130 Menschen ums Leben kamen. Obwohl die Menschen an Bord des sinkenden Bootes mehrere Notrufe an die Behörden absetzten, bezeugten NGOs, die mit ihnen in Kontakt standen, dass sie von den maltesischen Behörden “nie eine Antwort” erhielten. Italien reagierte erst vier Stunden später mit dem Vorschlag, die “zuständigen Behörden" zu kontaktieren. Libyen reagierte schließlich auf den Notrof und schickte nach fünf Stunden der Funkstille ein Schiff. Laut SOS Méditerranée, deren Schiff Ocean Viking am nächsten Tag vor Ort war, "entziehen sich die Staaten ihrer Verantwortung, die Such- und Rettungsaktionen zu koordinieren", was in "absichtlicher Untätigkeit" gipfelte.
SAR-Einsätze als "Pull-Faktor" zu bezeichnen, ist letztlich sachlich ungenau und basiert auf substanzlosen Beweisen. Das Argument des "Pull-Faktors" verfehlt auch den Rahmen der Debatte. Es ignoriert völlig die Realität der heutigen Migration, in der die meisten Menschen, die unterwegs sind, durch Push-Faktoren und nicht durch vermeintliche Pull-Faktoren zur Migration und Flucht motiviert werden. Der Begriff "Push-Faktoren" umfasst alle möglichen Gründe und Kontexte im Herkunftsland, die eine Person dazu veranlassen können, ihre Heimat zu verlassen. Push-Faktoren können Verfolgung, bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen oder extreme Armut sein. Migrationsbewegungen sind ein natürliches Phänomen, aber sie nehmen zu, wenn extreme Umstände auftreten, die das Leben einer Person unerträglich machen. Obwohl Pull-Faktoren möglicherweise die Richtung von Migrationsbewegungen ändern können, gibt es keinen Beweis dafür, dass sie überhaupt ein Grund für Migration sind.
Der Diskurs über Pull-Faktoren verschiebt außerdem den Fokus weg von den humanitären Krisen, die Migrationsbewegungen verursachen, hin zu einer imaginären "Migrationskrise". In unserem letzten Blog zur Info-Serie haben wir uns damit befasst, dass die "Migrationskrise" ein irreführendes Label ist, das bequem von der realen humanitären Krise und der Krise der Politik an den EU-Grenzen ablenkt. Das Etikett "Migrationskrise" hat dazu beigetragen, die Situation fälschlicherweise als "Invasion" illegaler Einwanderer darzustellen, die Westeuropa überwältigen wollen - unterstützt und begünstigt von linksextremen Hilfs- und Rettungsorganisationen und ihren offensichtlichen Verbindungen zu Schmugglerringen.
Seit Beginn dieses Jahres wurden 685 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer tot gemeldet. Jeden Tag sterben fast fünf Menschen, weil die europäischen Regierungen ihren Such- und Rettungspflichten nicht nachkommen. Die Zahlen sind vermutlich auch noch höher, weil viele Todesfälle nicht gemeldet werden. Die Diskussion über Seenotrettung als Pull-Faktor hat dazu geführt, dass diese mit einwanderungsfreundlichem, sozialliberalem Aktivismus und linken Agenden in Verbindung gebracht wird, anstatt als die notwendige humanitäre Arbeit betrachtet zu werden, die sie ist und zu deren Durchführung die Regierungen gesetzlich verpflichtet sind. Während zivilgesellschaftliche Akteur*innen dafür gelobt werden sollten, dass sie die Lücke der Vernachlässigung und Untätigkeit staatlicher Akteur*innen füllen, haben NGOs weder die Kapazität noch die langfristige Stabilität, um SAR-Einsätze dauerhaft durchzuführen. Sie sind auch nicht in der Lage, ihre lebensrettende Arbeit zu leisten, wenn sie weiterhin für ihre Arbeit kriminalisiert oder absichtlich in bürokratischen Prozessen behindert werden.
Unabhängig von unseren politischen Überzeugungen sollten wir uns alle darin einig sein, dass Menschen in Not - Menschen, die vor Krieg, Verfolgung, Klimakatastrophen und extremer Armut fliehen - geschützt und gerettet werden müssen, wenn sie in Seenot geraten. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass alle Menschen, unabhängig davon, wer sie sind, aus lebensbedrohlichen Zuständen auf See gerettet werden sollten. Dies ist ein Grundprinzip humanitären Handelns - jede Diskussion über SAR als vermeintlicher "Pull-Faktor" muss dem untergeordnet sein. Wir haben bei den bisherigen Bemühungen zur Förderung von SAR gesehen, dass der Verlust von Menschenleben vermeidbar ist - und auch sein sollte. Das Mittelmeer wurde von den Vereinten Nationen als "Meer des Blutes" bezeichnet und wird auch oft als “Friedhof des Mittelmeers” beschrieben. Doch die Zahl der Toten ist nicht unvermeidbar. Wie das UN-Flüchtlingshilfswerk und die Internationale Organisation für Migration kürzlich in einer Pressemitteilung schreiben:
"UNHCR und IOM wiederholen ihren Aufruf an die internationale Gemeinschaft, dringende Schritte zu unternehmen, um den vermeidbaren Verlust von Menschenleben auf See zu beenden. Dazu gehören die Reaktivierung von Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer, eine verbesserte Koordination mit allen Rettungsakteuren, die Beendigung von Rückführungen in unsichere Häfen und die Einrichtung eines sicheren und berechenbaren Ausschiffungsmechanismus."
NGO Schiffe mit SAR-Missionen im Mittelmeer und rechtliches Vorgehen gegen sie (Dezember 20202)
Warum NGOs ihre Such- und Rettungseinsätze eingestellt haben