Wir berichten regelmäßig über die aktuellsten Ereignissen in der Türkei. Dabei darf nicht in Vergessenheit geraten, dass hinter jeder Zahl, hinter jedem Update dass wir berichten, Individuen mit ihren persönlichen Schicksalen stehen.
Eine dieser Geschichten ist die von der 30-jährigen Samar* aus Syrien. Seitdem ihr Mann in Syrien starb, ist sie mit ihren fünf kleinen Töchtern auf sich allein gestellt. Die älteste Tochter ist sechs Jahre alt, die jüngste eins. Ihre beiden Brüder leben in Deutschland. Eine Familienzusammenführung wurde abgelehnt, alle sonstigen Familienmitglieder sind gestorben.
Die Familie lebte in einer kleinen Wohnung über einem Imbissrestaurant in der türkischen Stadt Kocaeli. Samar putzte nachts das Restaurant und wusch das Geschirr, um die Miete zu bezahlen. Geld für Essen blieb nicht übrig - sie versorgte ihre Kinder mit den Resten aus dem Restaurant, die sie nach der Arbeit mitnehmen durfte. Ihre Tochter Leen* hätte letztes Jahr in die Schule kommen müssen, aber das konnte Samar sich nicht leisten.
Als sie die Nachrichten über die offene Grenzen nach Europa hörte, machte sie sich sofort auf den Weg Richtung Edirne; in der Hoffnung, endlich zu ihren Brüdern nach Deutschland kommen zu können. Irgendwie überlebte die Familie das Chaos am Grenzübergang, ohne Geld für Essen oder Medikamente, mit fünf Kindern auf den Feldern schlafend. Sie überquerten den Evros mit einem Boot, welches von der türkischen Polizei bereitgestellt wurde. Nachdem sie (in der Nacht) zwei Stunden durch den Wald gelaufen waren, wurden sie von griechischen Grenzbeamten aufgegriffen und zurück in die Türkei gezwungen.
Schließlich wurden sie in ein Quarantäne-Camp in Osmaniye gebracht, von wo sie nach einer zweiwöchigen Quarantäne in das Abschiebegefängnis in Izmir transportiert wurden. Am Montag, den 13.04.2020, wurden sie in den Straßen von Izmir ausgesetzt.
Samar berichtete von ihrer Verzweiflung, als sie erneut mit fünf kleinen Kindern, ganz ohne Geld und Dokumente, auf sich allein gestellt war. Ihre Kinder konnten nicht mal mehr weinen.
Nachdem sie die Nacht draußen neben der Busstation verbracht hatten, konnten sie endlich in einen Bus steigen, der über unseren Druck von ASAM (der lokale Partner des UNHCR) organisiert worden war, um nach Kocaeli zurück zu kehren. Zurück in eine ungewisse Zukunft.
Allerdings mussten sie schon nach wenigen Minuten wieder aussteigen, gemeinsam mit sechs anderen. Zunächst wurde ihnen mitgeteilt, aus logistischen Gründen müssten sie auf einen anderen Bus warten. Doch bald traf die Polizei ein und forderte sie auf, innerhalb den nächsten zwei Stunden zu verschwinden - andernfalls würden sie zurück in das Abschiebegefängnis gebracht.
Voller Angst vor der Polizei und deren Waffen kehrten Samar und die Mädchen zurück zur Busstation, wo sie abermalls gestrandet waren.
Um 10 Uhr nachts schließlich konnte ASAM endlich ein Hotelzimmer für sie organisieren, wo sie die Nacht verbringen konnten. Zwei ihrer Tochter haben Fieber.
Wie es aussieht, werden sie bis auf weiteres in Izmir ausharren müssen - denn es gibt keine Busse, die Samar und ihre Familie zurück nach Kocaeli bringen könnten. Sowieso hat sie dort alles verloren und könnte weder in die Wohnung noch zu ihrer Arbeit im Restaurant zurückkehren.
Samar fragte mich mehrmals, wie all dies geschehen könne. Sie ist überzeugt davon, dass Deutschland ihr schlussendlich erlauben wird, zu ihren Brüdern zu kommen. Sie wiederholte so oft: "ein Land, in dem Menschenrechte gelten, kann doch nicht fünf kleine Kinder im Stich lassen!"
Sie träumt davon, dass ihre Kinder eines Tages die Schule besuchen können.
Samar ist eine unglaublich starke Frau, die für die Zukunft ihrer Töchter kämpft. Aber mittlerweile ist sie am Ende ihrer Kräfte und bat mich verzweifelt, ihre Geschichte zu erzählen, damit Europa und Deutschland endlich reagieren.
*Name geändert
Wir berichten regelmäßig über die aktuellsten Ereignissen in der Türkei. Dabei darf nicht in Vergessenheit geraten, dass hinter jeder Zahl, hinter jedem Update dass wir berichten, Individuen mit ihren persönlichen Schicksalen stehen.
Eine dieser Geschichten ist die von der 30-jährigen Samar* aus Syrien. Seitdem ihr Mann in Syrien starb, ist sie mit ihren fünf kleinen Töchtern auf sich allein gestellt. Die älteste Tochter ist sechs Jahre alt, die jüngste eins. Ihre beiden Brüder leben in Deutschland. Eine Familienzusammenführung wurde abgelehnt, alle sonstigen Familienmitglieder sind gestorben.
Die Familie lebte in einer kleinen Wohnung über einem Imbissrestaurant in der türkischen Stadt Kocaeli. Samar putzte nachts das Restaurant und wusch das Geschirr, um die Miete zu bezahlen. Geld für Essen blieb nicht übrig - sie versorgte ihre Kinder mit den Resten aus dem Restaurant, die sie nach der Arbeit mitnehmen durfte. Ihre Tochter Leen* hätte letztes Jahr in die Schule kommen müssen, aber das konnte Samar sich nicht leisten.
Als sie die Nachrichten über die offene Grenzen nach Europa hörte, machte sie sich sofort auf den Weg Richtung Edirne; in der Hoffnung, endlich zu ihren Brüdern nach Deutschland kommen zu können. Irgendwie überlebte die Familie das Chaos am Grenzübergang, ohne Geld für Essen oder Medikamente, mit fünf Kindern auf den Feldern schlafend. Sie überquerten den Evros mit einem Boot, welches von der türkischen Polizei bereitgestellt wurde. Nachdem sie (in der Nacht) zwei Stunden durch den Wald gelaufen waren, wurden sie von griechischen Grenzbeamten aufgegriffen und zurück in die Türkei gezwungen.
Schließlich wurden sie in ein Quarantäne-Camp in Osmaniye gebracht, von wo sie nach einer zweiwöchigen Quarantäne in das Abschiebegefängnis in Izmir transportiert wurden. Am Montag, den 13.04.2020, wurden sie in den Straßen von Izmir ausgesetzt.
Samar berichtete von ihrer Verzweiflung, als sie erneut mit fünf kleinen Kindern, ganz ohne Geld und Dokumente, auf sich allein gestellt war. Ihre Kinder konnten nicht mal mehr weinen.
Nachdem sie die Nacht draußen neben der Busstation verbracht hatten, konnten sie endlich in einen Bus steigen, der über unseren Druck von ASAM (der lokale Partner des UNHCR) organisiert worden war, um nach Kocaeli zurück zu kehren. Zurück in eine ungewisse Zukunft.
Allerdings mussten sie schon nach wenigen Minuten wieder aussteigen, gemeinsam mit sechs anderen. Zunächst wurde ihnen mitgeteilt, aus logistischen Gründen müssten sie auf einen anderen Bus warten. Doch bald traf die Polizei ein und forderte sie auf, innerhalb den nächsten zwei Stunden zu verschwinden - andernfalls würden sie zurück in das Abschiebegefängnis gebracht.
Voller Angst vor der Polizei und deren Waffen kehrten Samar und die Mädchen zurück zur Busstation, wo sie abermalls gestrandet waren.
Um 10 Uhr nachts schließlich konnte ASAM endlich ein Hotelzimmer für sie organisieren, wo sie die Nacht verbringen konnten. Zwei ihrer Tochter haben Fieber.
Wie es aussieht, werden sie bis auf weiteres in Izmir ausharren müssen - denn es gibt keine Busse, die Samar und ihre Familie zurück nach Kocaeli bringen könnten. Sowieso hat sie dort alles verloren und könnte weder in die Wohnung noch zu ihrer Arbeit im Restaurant zurückkehren.
Samar fragte mich mehrmals, wie all dies geschehen könne. Sie ist überzeugt davon, dass Deutschland ihr schlussendlich erlauben wird, zu ihren Brüdern zu kommen. Sie wiederholte so oft: "ein Land, in dem Menschenrechte gelten, kann doch nicht fünf kleine Kinder im Stich lassen!"
Sie träumt davon, dass ihre Kinder eines Tages die Schule besuchen können.
Samar ist eine unglaublich starke Frau, die für die Zukunft ihrer Töchter kämpft. Aber mittlerweile ist sie am Ende ihrer Kräfte und bat mich verzweifelt, ihre Geschichte zu erzählen, damit Europa und Deutschland endlich reagieren.
*Name geändert